Rheuma und Darmflora
Darmbakterien könnten Verlauf von rheumatischen Erkrankungen beeinflussen
Ob eine medikamentöse Behandlung der rheumatoiden Arthritis erfolgreich ist, könnte von der Darmflora abhängen. Eine Studie in Genome Medicine kommt zu dem Ergebnis, dass Patienten mit einer guten Krankheits¬kontrolle andere Bakterien im Stuhl hatten. Aus der Zusammensetzung der Darmflora ließ sich vorhersagen, ob die Patienten eine Chance auf eine Besserung hatten. Eine Reihe von tierexperimentellen Studien hat in den letzten Jahren auf eine mögliche Bedeutung der Darmflora bei der Entstehung vom rheumatischen Erkrankungen hingewiesen.
So konnten japanische Forscher bei keimfrei aufgewachsenen Mäusen (die keine Darmbakterien haben) eine Arthritis auslösen, indem sie ihnen die Darmbakterien von Rheumapatienten einflößten (Arthritis & Rheumatology, 2016; DOI: 10.1002/art.39783). Ähnliche
Beobachtungen hatten US-Forscher zuvor bei K/BxN—Mäusen gemacht, die ein erhöhtes genetisches Arthritisrisiko haben. Auch hier kam es erst zum Ausbruch der Erkrankung, wenn der Darm mit Bakterien besiedelt wurde. Die Darmflora scheint dabei die Bildung von Autoantikörpern anzustoßen (Immunity, 2010; DOI: 10.1016/j.immuni.2010.06.00).
Ein Team um John Davis von der Mayo Clinic in Rochester hat jetzt den Einfluss der Darmbakterien an 32 Patienten mit rheumatoider Arthritis untersucht. Bei allen wurde im Abstand von 6 bis 12 Monaten mit der sogenannten Schrotschusssequenzierung eine Genomanalyse aller Mikroorganismen durchgeführt. Diese Metagenomanalyse erlaubt eine exakte genetische Inventur der Darmflora. Schon bei der ersten Probenentnahme zeigte sich, dass die Patienten mit einer höheren Krankheitsaktivität zum Teil andere Bakterien im Darm hatten.
Der Einfluss war größer als der von Medikamenten, Geschlecht oder Rauchen.
Der Einfluss war größer als der von Medikamenten, Geschlecht oder Rauchen. Zu den Bakterien, die aufgrund des Ergebnisses der Analyse möglicherweise einen günstigen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen haben, gehörten Coprococcus, Bilophila und Prevotellaceae. Bakterien der Gattung Coprococcus produzieren vor allem die kurzkettige Fettsäure Butyrat, der eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben wird. Butyrat wird von der Schleimhaut im Dickdarm resorbiert und könnte dann über den Kreislauf eine antirheumatische Wirkung im gesamten Körper ausüben.
Die Auswirkungen von Bilophila und Prevotellaceae sind noch weniger gut erforscht. Eine funktionierende Krankheitskontrolle war jedoch immer mit charakteristischen Veränderungen des Stoffwechsels dieser Darmbakterien verbunden. Dazu gehörte die Biosynthese der Aminosäuren Arginin, Methionin und Ornithin. Welchen Einfluss diese auf das Krankheitsgeschehen haben, ist noch unklar. Bei der zweiten Probenentnahme hatte sich das Mikrobiom bei vielen Patienten im Vergleich zur ersten Probe verändert. Die Richtung der Veränderung war erneut von der Krankheitsaktivität abhängig. Möglicherweise haben die Darmbakterien die Veränderung sogar verursacht. Eine spezielle Software der Forscher konnte anhand der Daten der 1. Metagenomanalyse mit einer 90%-igen Genauigkeit vorhersagen, ob sich die Erkrankung bei einem Patienten innerhalb des kommenden Jahres verbessert oder nicht.
Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/127344/Studie-Darmbakterien-koennten-Verlauf-von-rheumatischen-Erkrankungen-beeinflussen?rt=effeaa32f1e827275501a34572e9cfc9
https://genomemedicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13073-021-00957-0