Rauchen löst Entzündungsprozesse im Darm aus
Rauchen kann nicht nur Atemwegs-, Herzkreislauf- und ZNS-Krankheiten hervorrufen, sondern erhöht auch das Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Dies ist seit Längerem bekannt, der genaue Pathomechanismus aber nicht. Eine Antwort auf die Frage nach dem Mechanismus liefert eine Studie an der Maus, einem bewährten Modellorganismus für das menschliche Immunsystem.
Kernbotschaften
Regelmäßiges Einatmen von Zigarettenrauch löst eine erhöhte Produktion der zentralen proinflammatoischen Zytokine Interleukin 1 und Interferon γ aus und in der Folge eine T-Zell-getriggerte Colitis ulcerosa. Bei Mäusen war kein weiterer exogener oder endogener Risikofaktor erforderlich, um die intestinale Autoimmunreaktion hervorzurufen.
Hauptergebnisse
Mehrmals tägliches Einatmen von Zigarettenrauch führte bei Mäusen nach vier Wochen nicht nur zu Schäden in der Lunge, sondern auch zu klinisch und histologisch gesicherter Colitis ulcerosa mit Blut im Stuhl und einer Veränderung des intestinalen Mikrobioms. Die Expression der Zytokine Interleukin 1, Interferon γ und Tumornekrosefaktor α waren erhöht, ebenso die eines Transkriptionsfaktors namens T-bet. Bei zuvor gesunden Mäusen reichte allein ein Transfer von T-Lymphozyten erkrankter Tiere, um Colitis ulcerosa hervorzurufen. Wurde bei gesunden Mäusen das Gen für Interferon γ entfernt (IFNγ-knock-out-Mäuse), verlief die Colitis ulcerosa milder, wenn die Versuchstiere die T-Zellen erkrankter Artgenossen erhielten. Es wurden durch Zigarettenrauch T-Helfer-Zellen des Subtyps TH1 aktiviert, nicht aber des Subtyps TH2. Bei Darmschleimhaut und -epithel verminderte sich durch den Zigarettenrauch die Barrierefunktion.
Design
- Tierexperimentelle Untersuchung mit Wildtyp-Mäusen und knock-out-Mäusen (IFNγ)
- Exposition gegenüber Rauch von 5 filterlosen Zigaretten zu 4 Zeitpunkten am Tag an 6 Tagen in der Woche für insgesamt 28 Tage
- quantitative und qualitative Analyse der Immunzellen (FACS) in bronchoalveolärer Lavage vor und nach Exposition
- PCR-Analyse auf ein breites Panel an Zytokinen
- Histologische Untersuchung von Lungen- und Darmgewebe 24 Stunden nach der letzten Exposition gegenüber Zigarettenrauch
Klinische Bedeutung
Die Experimente belegen die hohe Bedeutung der TH1-Zellen und der Zytokine IL-1, IFN γ und Tumornekrosefaktor α für die Entstehung von chronischen Autoimmunerkrankungen im Darm. Die drei Proteine sind zentrale proinflammatorische Zytokine, werden unter anderem von T-Zellen gebildet und verstärken lokale sowie systemische Immunreaktionen. Die Tatsache, dass im Mausmodell Zigarettenrauch auch ohne jede genetische Disposition für Autoimmunerkrankungen ausreicht, um Colitis ulcerosa hervorzurufen, wird von den Forschern als sehr relevant für die Humanmedizin eingeschätzt. Die Ergebnisse könnten helfen, Therapien mit kausalen Wirkmechanismen weiterzuentwickeln.
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Lee G, Jung KH, Shin D, et al.: Cigarette smoking triggers Colitis by IFN g+ CD4+ T cells. Frontiers in Immunology 2017; DOI: 10.3389/fimmu.2017.01344