Florentina Sgarz, MA
Schlafmangel – wie wirkt sich das auf unsere Verdauung aus?
Es gibt Nächte, da kann man machen was man will, aber man schläft einfach nicht ein. Und der Stress und der Ärger, der dann aufkommt, macht alles nur noch schlimmer. Ist es dann schon die dritte Nacht in Folge, hofft man, dass man vor lauter Erschöpfung irgendwann mal einschläft. Schlaflosigkeit kann mit der Zeit dem Körper ziemlich zusetzen. Das Immunsystem wird geschwächt, unsere Leistung nimmt ab, Kopfschmerzen kommen hinzu und Stress bringt uns schneller aus der Ruhe. Aber ein sehr wichtiges Organ leidet auch unter Schlafmangel: unser Darm. Wie sich Schlafmangel auf den Darm auswirkt, erfahren Sie in diesem Blog.
Was passiert mit unserem Körper, wenn wir schlafen?
Schlaflose Nächte sind keine Seltenheit. Es gibt viele Gründe dafür, aber eines ist klar, auch der Darm kann uns den Schlaf rauben. Wenn man unter Schlaflosigkeit leidet, ist es wichtig den Grund für dieses Problem herauszufinden. Der menschliche Körper unterliegt einem 24-Stunden-Rhythmus, der den Schlaf- und Wachzustand reguliert. In der Fachsprache bezeichnet man dieses Vorgehen auch als zirkadianen Rhythmus. Früher oder später würden jedem Menschen mit der Zeit die Augen zufallen, denn ein Überleben ohne Schlaf ist undenkbar. Die meisten Prozesse im Körper orientieren sich an diesem Rhythmus. Die Nervenzellen im Gehirn stehen in Verbindung mit dem Sehnerv. So wird zwischen hell und dunkel unterschieden und eine Reihe von Folgereaktionen werden ausgelöst. Eine der Wichtigsten ist die Stimulation der Produktion des Schlafhormons Melatonin aus der Zirbeldrüse, die bei Dunkelheit angeregt wird. Melatonin sorgt dafür, dass wir müde werden. Im Schlaf sinkt unsere Körpertemperatur etwas ab und der Körper arbeitet an anderen Prozessen als tagsüber. Zwischen 5 bis 30 Minuten dauert der Einschlafprozess, bevor das Gehirn in Sekundenschnelle Substanzen freisetzt, die das Bewusstsein abschalten. Im Schlaf durchlaufen wir verschiedene Phasen, die man anhand unterschiedlicher Hirnwellen messen kann. Man unterscheidet hier zwischen NREM (non-rapid eye movement) und REM (rapid eye movement) Phasen.
Der NREM-Schlaf macht 80 % unseres Schlafes aus und besteht aus Leicht- und Tiefschlafphasen, wobei der tiefe Schlaf am erholsamsten ist. Schlafwandeln zum Beispiel geschieht in der NREM-Schlafphase. Die REM-Phasen nehmen den kleineren Anteil von 20 % ein. Beim REM-Schlaf befindet sich der Körper ganz nah am Wachzustand. Der Körper ist aktiv und Blutdruck, Puls sowie Atmung zeigen kurzfristige Schwankungen. Die Augen bewegen sich ganz schnell unter den Lidern. In der ersten Hälfte der Nacht werden die Tagesergebnisse verarbeitet, neue Verknüpfungen im Gehirn werden geschlossen und unwichtige Informationen gelöscht, sodass die Speicher wieder frei sind für den nächsten Tag. In der zweiten Hälfte der Nacht haben wir häufig irreale Träume.
Warum ist Schlaf so wichtig?
Die bereits beschriebenen Phasen sind sehr wichtig für unser Wohlbefinden und eine ausreichende Regeneration vom Alltag. Während wir schlafen, finden wichtige Aufräum- und Reparaturarbeiten in unserem Körper statt. In der Nacht regenerieren sich auch die Nervenzellen, indem sie sich vom Ballast des Alltags befreien. Sie sortieren Erlebtes, schließen neue Synapsen und festigen alte Informationen. Ohne diese Vorgänge können ein seelisches und körperliches Wohlbefinden und die tägliche Leistungsfähigkeit nicht gewährleistet werden. Es werden für die optimale Schlafdauer sieben bis neun Stunden empfohlen, denn weniger als sechs Stunden Schlaf lassen die meisten Erwachsenen gereizt, launisch und unausgeglichen werden. Bei Babys liegt das Schlafbedürfnis bei bis zu 17 Stunden täglich – also nochmal höher. Acht bis zehn Stunden werden Jugendlichen, die sich in der Wachstumsphase befinden, empfohlen. Das individuelle Schlafbedürfnis mag sehr verschieden sein, entscheidend ist dabei allerdings vor allem die Schlafqualität.
Was passiert bei Schlafmangel?
Nicht nur die Laune kann sich mit Schlafmangel drastisch reduzieren. Wer häufig zu wenig schläft, wird dies meist auch in anderen Lebensbereichen merken. So kann Schlafmangel beispielsweise zu Konzentrationsschwäche führen, denn Schlafmangel reduziert unter anderem die Aktivität bestimmter Hirnregionen, welche die Aufmerksamkeit steuern. Dafür meldet sich vermehrter Hunger nach einer Nacht mit zu wenig Schlaf, denn der Schlafentzug beeinflusst auch Hormone, die unseren Appetit und Energiestoffwechsel regulieren. Insbesondere fettreiche Speisen scheinen eine magische Anziehungskraft auf Unausgeschlafene zu haben. So kann ein chronischer Schlafmangel dann auch dazu führen, dass man zunimmt. Aber auch die Stresshormone steigen nach einer kurzen Nacht an. Zu diesen gehören unter anderem Noradrenalin und Cortisol, welche eine große Rolle bei der Stressreaktion spielen. Sie erhöhen den Blutdruck und Blutzucker sowie die Herzfrequenz. Kurzer und schlechter Schlaf schwächt zudem unser Immunsystem und erhöht das Risiko für Infekte. Bereits nach einer kurzen Nacht kann die Aktivität bestimmter Immunzellen reduziert sein. Darüber hinaus kann der Interleukin-6-Wert aus dem Gleichgewicht kommen. Dass dieser ausgeglichen ist, ist für ein funktionierendes Immunsystem wichtig. Zu wenig Schlaf kann aber auch die Entstehung von Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck oder auch Depressionen hervorrufen.
Warum beeinflusst schlechter Schlaf unsere Verdauung?
Zwischen Darm und Hirn besteht eine enge Verbindung – die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Diese spiegelt sich auch in dem dynamischen Zusammenspiel zwischen Verdauung und Schlaf wider. Studien zeigen, dass Verdauungsstörungen wie Gastritis (Entzündung der Magenschleimhaut), Verstopfung oder Gastroösophageale Refluxkrankheit zu Schlafstörungen führen können. Auf der anderen Seite zeigte sich aber auch, dass Schlafstörungen bzw. schlechter Schlaf sich negativ auf unsere Verdauung auswirken könnten. Und infolgedessen kann es zu Verstopfung aber auch Durchfall, sowie einem unangenehmen Druckgefühl im Bauch kommen. Auch die Zusammensetzung der Darmbakterien wird durch eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus verändert. Dadurch können Stressreaktionen ausgelöst werden, die wiederum die Darmbarriere und das Immunsystem beeinträchtigen können. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: wenn man immer wieder starken Stressbelastungen ausgesetzt ist, können sich an den Oberflächenzellen des Darms Entzündungen ausbreiten, weshalb viele Menschen bei Stress und Schlafmangel auch mit Durchfällen reagieren.
Probiotika für einen besseren Schlaf?
Die Darm-Hirn-Achse gibt den Hinweis, dass eine ausgewogene Darmflora die Schlafqualität verbessern könnte. Denn auch die Darmbakterien können diese Kommunikationsachse nützen, um mit dem Gehirn in Kontakt zu treten und haben somit nicht nur Einfluss auf unsere Verdauung, sondern auch auf unsere Stimmung und den zirkadianen Rhythmus. Zahlreiche Studien zeigen bereits, dass Probiotika positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit (Laune, Depression, Angstzustände) und die Schlafqualität haben können. In einer aktuellen Studie konnte außerdem ein positiver Zusammenhang zwischen der Diversität des Darmmikrobioms und der Schlafqualität sowie der Schlafdauer nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurde hier auch ein Zusammenhang zwischen Darmflora und Interleukin-6, welches Auswirkungen auf den Schlaf hat, gezeigt. Für einen ausreichenden und vor allem einen erholsamen Schlaf spielen mehrere Faktoren wie die Ernährung, der Stresspegel, Sport, etc., eine wichtige Rolle. Die Studien legen jedoch nahe, dass eben auch das Darmmikrobiom einen Einfluss auf unsere Schlafqualität haben kann, weswegen es sinnvoll sein kann, dieses mithilfe von speziell entwickelten Probiotika wieder ins Gleichgewicht zu bekommen.