Allergien bei Säuglingen durch Antibiotika und Säureblocker getriggert
Kernbotschaft: Kinder, die in den ersten sechs Lebensmonaten ein Antibiotikum oder einen Säureblocker einnehmen, entwickeln rund doppelt so häufig Allergien.
Hintergrund: Allergische Erkrankungen unter Kindern nehmen zu. Gleichzeitig werden in den USA immer mehr „Spuckkinder“ (= Kinder mit häufigem Aufstoßen des Nahrungsbreis) mit Protonenpumpeninhibitoren und anderen Antazida behandelt. Auch Antibiotika kommen bei Infekten immer häufiger zum Einsatz. Die Einnahme von Medikamenten verändert vor allem in den ersten Lebensmonaten das Mikrobiom nachhaltig. Es stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der Zunahme von allergischen Erkrankungen im frühen Kindesalter und der Einnahme von Medikamenten besteht.
Design: Diese retrospektive Kohortenstudie wurde zwischen 2001 und 2013 an knapp 800.000 Kindern von US-Soldaten durchgeführt. Dabei wurden die Kinder in den ersten 35 Tagen ihres Lebens in die Studie aufgenommen und bis ins Kindergartenalter in ihrer Entwicklung begleitet.
Ergebnisse: Innerhalb des ersten Lebenshalbjahres erhielten 7,6 Prozent der Kinder mindestens einmal einen H2-Rezeptor-Antagonisten, 1,7 Prozent einen Protonenpumpen-Hemmer und ganze 16,6 Prozent ein Antibiotikum.
Kinder, die Säureblocker eingenommen hatten, entwickelten bis zum Alter von viereinhalb Jahren mehr als doppelt so häufig Nahrungsmittelallergien wie andere Kinder. Die Hazard Ratio lag bei den H2-Rezeptor-Antagonisten bei 2,18 und bei den Protonenpumpen-Hemmern bei 2,59. Arzneimittelallergien traten 1,70 bzw. 1,84 Mal so häufig auf. Auch Krankheiten wie allergisches Asthma, Neurodermitis und Kontaktdermatitis waren hier deutlich öfters zu beobachten.
Sehr deutlich war auch der Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Antibiotika und Allergien. Die Hazard Ratio für allergisches Asthma betrug 2,09, die für allergische Rhinitis bei 1,75, gefolgt von dem Auftreten von Anaphylaxie (1,51) und allergischer Konjunktivitis (1,42).
Klinische Bedeutung: Medikamente sollten bei Spuckkindern laut den Leitlinien nur dann zum Einsatz kommen, wenn das Kind stark darunter leidet und eine Reihe anderer Maßnahmen, wie beispielsweise das Eindicken der Nahrung und eine postprandiale Lagerung auf der linke Seite keine Wirkung gezeigt haben. Die vorliegenden Daten mahnen zusätzlich zur Zurückhaltung.
Was den Einsatz von Antibiotika betrifft, sollte vor der Verordnung eines Antibiotikums gerade bei Säuglingen geprüft werden, ob ein Infekt tatsächlich bakterielle Ursachen hat und wenn sich der Verdacht bestätigt hat, ob der Einsatz eines Antibiotikums auch wirklich gerechtfertigt ist.